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Der neue ‘Standard-Text’ in seinem Verhzltnis zu den fri_ihen

Dalam dokumen New Testament Textual Criticism - MEDIA SABDA (Halaman 142-165)

TEXTUAL TRANSMISSION AND TRANSLATION

20. Der neue ‘Standard-Text’ in seinem Verhzltnis zu den fri_ihen

Papyri und Majuskeln

K U R T ALAND

BEIM Erscheinen dieser Festschrift liegt der neue ‘Standard- Text’, wie er weithin - in Deutschland jedenfalls in der Regel- genannt wird, nicht nur in der Fassung der Third Edition des Greek Skew Testament vor, sondern such in der der 26. Ausgabe des Novum Testamenturn gruece von Nestle-Aland. Das ist insofern ein wesentlicher Fortschritt, als der neue Text jetzt nicht nur an den rund 1200 Stellen kontrolliert werden kann, an denen das Greek Jvezu Testament einen kritischen Apparat bietet, sondern an den rund 15 ooo (oder mehr) des neuen Nestle. An allen Stellen, bei denen Meinungsverschiedenheiten tiber die neue Text- gestaltung bestehen konnten, ist also eine Nachpriifung moglich, die noch dadurch erleichtert wird, daB in Anhang II zum neuen Nestle-Aland eine Zusammenstellung aller Variationen in den sieben wichtigsten Textausgaben der letzten hundert Jahre geboten wird, von Tischendorf* an bis zu Bover5, wobei jede dieser Variationen im kritischen Apparat mit voller Be-

zeugung reprasentiert ist.

Wer im flovum Testamentum graece den Anhang I mit der Liste der zugrundegelegten Handschriften oder in der Einftihrung zur Ausgabe die Liste der sog. ‘standigen Zeugen’ ansieht, wird dort (urn von den Majuskeln zu schweigen) samtliche edierten Papyri aufgeftihrt finden. ‘Standige Zeugen’, das bedeutet: Handschriften, die bei jeder Variante im Apparat ausdriicklich genannt werden. Die ‘groRen’ Papyri findet der Benutzer dort entsprechend haufig, nach den ‘kleinen’ Papyri muI3 er ziemlich suchen. Denn sie gehen entweder mit dem

‘Standard-Text’ zusammen, oder aber ihre Abweichungen sind nicht von der Bedeutung, da13 sie einen kritischen Apparat rechtfertigten. Es handelt sich dabei entweder urn Singular- Lesarten, die (anders als oft bei den ‘groRen’ Papyri) eine

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Einzelverzeichnung nicht rechtfertigen oder urn Abweichungen, die in der iibrigen uberlieferung nur wenig Nachfolge gefunden haben, so dal3 ihre Aufnahme in eine Handausgabe sich nicht lohnt. Denn sie haben keinerlei Aussicht, als Bestandteile des urspriinglichen Textes in Betracht gezogen zu werden und sind von Interesse nur fi_ir die textgeschichtliche Situation in der Friihzeit. Dem sol1 dieser Aufsatz nachgehen, aber gleich- zeitig, ja vor allem such der Frage, wie dieser ‘friihe Text’

sich zum ‘Standard-Text’ verhglt, d.h. dem (wenigstens vom Herausgeberkomitee -zu dem bekanntlich der Jubilar wie der Verfasser dieses Aufsatzes geharen - als solchem behaupteten) ftir heutige Voraussetzungen besten, dem urspriinglichen Text so nahe wie mijglich kommenden Text. Besteht der ‘Standard- Text’ die Probe an den friihen Papyri und Majuskeln ? Das ist eine naheliegende und lohnende Frage.

Auf sie kann versucht werden, eine Antwort zu geben, nachdem im Institut fiir neutestamentliche Textforschung in Miinster (durch W. Grunewald) eine Neukollation aller friihen Papyri und Majuskeln an Hand der vollst5ndig vorliegenden Fotos erfolgt ist. Sie war seit langem ein dringendes Bediirfnis. Zwar liegen fiir die ‘groBen Papyri - ~~6, ~46, 947 einerseits und ~66,

P75, ~72 andererseits - vorziigliche Faksimile-Ausgaben bzw.

zahlreiche Kollationen und Untersuchungen vor. Aber fiir die ‘kleinen’ Papyri ist man in der Regel auf die, z.T. viele Jahrzehnte zuriickliegende, editio princeps angewiesen, die kaum jemand jemals nachgepriift hat. Die nur maschinen- schriftlich vorliegende Arbeit von Schofield (‘The Papyrus Fragments’, Clinton, I g36), die sich dankenswerterweise dieser Aufgabe unterzogen hat, ist jetzt iiber 40 Jahre alt und (ab- gesehen davon, dal3 hier im wesentlichen nur die Papyri bis p48 behandelt werden) such in den Teilen der Papyrusiiberlieferung, die sie bearbeitet, kein Ersatz fiir eine solche Neukollation.

Die friihen Majuskeln, obwohl vier an der Zahl, blieben ohne- hin so gut wie ohne Beachtung. Wenn von ‘friihen Texten’ ge- sprochen wurde, meinte man ausschliel3lich die Papyri, obwohl 0189 aus dem 2./3. Jahrhundert und 0212 wie 0220 aus dem 3.

Jahrhundert stammen.

Dabei bedarf es einiger grundstitzlicher Vorbemerkungen.

Zungchst einmal ist festzustellen, was mit ‘friihen Papyri und Majuskeln’ gemeint ist. Unter diesen friihen Zeugen werden

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die Handschriften bis zum 3./4. Jahrhundert verstanden, und unter dem ‘friihen Text’ der bis zur Schwelle des 4. Jahr- hunderts. Handschriften, die ins 4. Jahrhundert datiert werden, bleiben aul3er Betracht. Denn nur bis zum 3./4. Jahrhundert reicht die freie, unkanalisierte Entwicklung des neutestament- lichen Textes, von da ab setzt die Wirkung der groRen Text- formen ein, sei es des ggyptischen, sei es des antiochenischen (Koine-, Byzantinischen, usw.) Textes ein. Diese Wirkung ist eine sozusagen mechanische. Nach der ‘Miinsterschen Text- theorie’ - nennen wir sie einmal so -, die ich seit den ersten Anstitzen in den ‘Studien zur Oberlieferung des Neuen Testa- ments und seines Textes’ von 1967 in verschiedenen Aufsgtzen vorgetragen habe und demngchst in grijReren VerGffentlichungen wenigstens in den Grundziigen ausgebaut vorzulegen beabsich- tige, erklgrt sich die Entstehung der gronen Texttypen bzw.

-formen daraus, daB nach dem Aufhijren der diokletianischen Verfolgung an einem bzw. mehreren kirchlichen Zentren bestimmte Texte als Vorlage vorgeschrieben wurden, die dann als Grundlage fiir die damals notwendigen ‘GroLLSerien’ von neutestamentlichen Handschriften dienten.

In der diokletianischen Verfolgung waren die Kirchengebgude systematisch zerstijrt worden und mit ihnen die dort befindlichen biblischen Handschriften. Auf diese insbesondere wurde, wie wir aus zeitgenassischen Berichten wissen, speziell Jagd gemacht, sie wurden in feierlicher Aktion iiffentlich verbrannt. So begann, als 3 I 1/13 (nach dem Edikt des Galerius bzw. des Konstantin und Licinius) bzw. 324 (im Osten, nach der Besiegung des Licinius, der der Verfolgung der Christen in seinem Reichsteil mindestens wohlgefgllig zugesehen hatte, durch Konstantin) die christliche Kirche die volle Freiheit fiir ihre Verkiindigung und Mission gewonnen hatte, nicht nur eine Epoche fieber- haften Wiederaufbaus der zerstijrten und des Baus neuer Kirchen, sondern gleichzeitig eine Epoche der Handschriftenfabrikation wie nie zuvor. All die wieder- bzw. neuerbauten Kirchen bedurften neutestamentlicher Handschriften (auf jedem Altar hatte z.B. eine Handschrift der Evangelien zu liegen), ebenso wie die an ihnen wirkenden Theologen, deren Zahl damals ebenso schlagartig zunahm wie die der Kirchengebgude. Denn die Mission der Christen, die jetzt zum ersten Ma1 in drei Jahrhunderten voll ihre Krafte entfalten konnte, brachte nicht

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nur die Griindung zahlloser neuer Gemeinden, sondern such eine gewaltige Ausdehnung der bereits bestehenden, weil die bisherigen Hemmungen, sich fur den christlichen Glauben zu erklaren, weggefallen waren.

Wie niemals zuvor oder danach in der Geschichte der christ- lichen Kirche hat im 4. Jahrhundert die Zahl der neutestament- lichen Handschriften zugenommen (zu vergleichen ist der Vorgang mit dem Zeitalter der Reformation, in dem Luthers Bibeliibersetzung sich explosionsartig ausbreitet, wenn es sich damals such urn Drucke handelt). Aber sie mu&en erst einmal hergestellt werden. Das bisherige System privater Abschriften reichte angesichts des gewaltigen Bedarfs nicht mehr aus, nur

‘Schreibfabriken’, sprich Skriptorien, konnten hier Abhilfe schaffen. Nun kann man annehmen, da8 im beginnenden 4.

Jahrhundert das die Regel wurde, was im 3. Jahrhundert die Ausnahme war (wahrscheinlich nur in Alexandrien) , namlich die Existenz eines solchen christlichen Skriptoriums am Bischofs- sitz : vergessen wir nicht, da8 die Gemeinden eben nicht nur mit Handschriften des Neuen, sondern such des (sehr vie1 umfangreicheren) Alten Testaments wie mit denen der Schriften der Kirchenvater versorgt werden mu&en. Auf dem Wege der Selbsthilfe, wie in friiheren Generationen, war das nicht mehr moglich, hier konnte nur eine zentrale Organisation helfen.

In Agypten war das kein Problem. Hier bestand seit den An- fangen der Katechetenschule, spatestens seit Origenes, in Alexandrien eine wissenschaftliche Zentrale, die der Bischof Demetrius bei seiner Neuorganisation der agyptischen Kirche ohne Zweifel zu nutzen wuBte. Wahrscheinlich schon friih, spatestens seit 328, als der machtbewuRte Bischof Athanasius die Herrschaft tiber die Kirche Agyptens antrat, ist hier von zentraler Stelle aus ein bestimmter Text des NT systematisch verbreitet worden ; so hat sich der alexandrinisch/agyptische Text durchgesetzt (wobei, urn das am Rande zu bemerken, die Bezeichnung ‘alexandrinischer Text’ fur die Fruhzeit, ‘agyp- tischer Text’ fiir die spatere Zeit gelten sollte, in der sich der Einflul3 der Koine zunehmend bemerkbar macht).

Jener ‘Koine-Text’, der seinen Siegeszug in der Kirche des Ostens bereits im 4. Jahrhundert antritt, tut das unter Be- dingungen bzw. Voraussetzungen, die die ‘Mtinstersche Texttheorie’ nachdrticklich bestatigen. In der antiochenischen

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Exegetenschule war vom in der diokletianischen Verfolgung zum Martyrer gewordenen Lukian eine bestimmte Textform herausgebildet worden. Die verschworene Gemeinschaft der hier herangebildeten origenistischen Theologen fuhrte mit Selbst- verstandlichkeit diesen Text als Vorlage fur das Skriptorium in den zahlreichen Diiizesen ein, deren Leitung sie im 4. Jahr- hundert iibernahmen. So hat sich der Koine-Text damals bereits schlagartig ausgebreitet. Dieser Koine-Text stellte eine bewul3te Bearbeitung des bis dahin verbreiteten Textes dar.

Er war geglattet und erbaulich erweitert worden, ob auf einmal oder vorbereitet durch Vorstufen bzw. Vorlaufer, kijnnen wir nicht sagen. Auf jeden Fall hat er seine Endform in den iiber 40 Friedensjahren vor der diokletianischen Verfolgung gewon- nen, genauso wie offensichtlich jene zweite Textbearbeitung, die uns in D, im Codex Cantabrigiensis, uberliefert ist. Diese Bearbeitung geht nun urn ein Vielfaches weiter als bei der Koine und kann in ganzen Partien als neue Niederschrift angesehen werden. Auch hier kijnnen wir nicht sag-en, ob die Bearbeitung auf einmal geschah oder Vorstufen besaB. Aber der D-Text fand eben keine Gruppe von Bischofen oder such nur einen Bischof, der den Text seinem Skriptorium als Vorlage fur die GroBserien von Handschriften vorschrieb, die damals aus der Zentrale an die Gemeinden hinausgingen. So sind die Reprasentanten des D-Textes gering an Zahl geblieben, der Text lauft parallel zu dem anderer Kleingruppen und Familien, die im 4. Jahrhundert durchaus bestehen bleiben bzw. neu entstehen. Denn erstens sind in der diokletianischen Verfolgung keineswegs alle griechischen Handschriften vernichtet worden, und zweitens wirkt das Gesetz der Tenazitat der neutestament- lichen uberlieferung trotz aller EinfluBnahme der Zentrale, die in Agypten - urn auf den dritten nachweisbaren Texttyp zurtickzukommen - eine oder mehrere Handschriften zugrun- delegte, welche den iiberkommenen Normaltext in besonders guter Qualitat enthielten. Auch sie wurden vorher revidiert, aber lediglich nach philologischen bzw. stilistischen Regeln, wahrscheinlich gibt der Evangelienteil von B, dem Codex Vaticanus, ein relativ getreues Spiegelbild jener im Skriptorium von Alexandria verwandten Vorlage. Es ist leicht moglich, daB die kirchliche Zentrale Alexandrien schon langer einen ein- heitlichen Text pflegte. Denn die Katechetenschule und das

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wahrscheinlicherweise damit verbundene Skriptorium ist bei Ausbruch der groBen Verfolgung schon rund IOO Jahre ah.

Dennoch muB erstaunen, da0 man fur den Paulus-Teil von B keine Handschrift vom fur die Evangelien verwandten Typ verwandte (weil man sie nicht zur Verftigung hatte ?). Hier kommt neben dem, was man in Miinster ‘festen Text’ bzw.

‘Normaltext’ nennt, der andere Typ des frtihen Textes, der

‘freie Text’ zur Geltung. Nach dem Bekanntwerden der Chester Beatty-Papyri und des ~~6 muRte man meinen: ‘frtiher Text’

und ‘freier Text’ seien identisch, erst p75 hat diese Vorstellung als nicht zutreffend erwiesen (diese Untersuchung, urn ihre Resultate vorwegzunehmen, liefert auf breiter Basis die Besta- tigung dafiir) .

Urn zusammenzufassen: der ‘friihe Text’, der sich ohne zentrale kirchliche MaBnahmen entwickelt, wird vom Beginn des 4. Jahrhunderts ab erganzt bzw. eingeengt durch Text- formen, die sich infolge ihrer Fiirderung durch kirchliche Zentralstellen in einer Provinz oder such gleich in mehreren Provinzen herrschend ausbreiten. Auch da, wo die Text- grundlage durchgreifend bearbeitet wurde, wie z.B. bei der Koine oder D, geschah das an einer Handschrift des Friih- textes. Bei D war es sogar eine von hoher Qua&at, sie macht die Autoritat der Handschrift aus, die von den Verfechtern eines

‘westlichen’ Textes unzulassig auf den Bearbeiter des D-Textes bezogen wird. Gewil3 haben wir in D einen Text des 2./3.

Jahrhunderts vor uns - urn Westcott-Horts Meinung, wenn such in Verkehrung der Fronten, wiederaufzunehmen - aber nur da, wo der Urheber des D-Textes nicht in den ihm vor- liegenden Textbestand eingegriffen hat. Schon daB niemand mehr von einem ‘westlichen’ Text ohne Anwendung der An- ftihrungszeichen spricht, zeigt die Wandlung der Situation.

Ein Text, dessen alteste Zeugen - p2g, p38, p48 - aus Agypten stammen und dessen Hauptreprasentant (stamme er nun aus Agypten oder Nordafrika) jedenfalls nicht im Westen geschrieben ist, sollte diesen Namen nicht mehr tragen diirfen, zumal er im Westen des 2./3. Jahrhunderts keinen ‘Sitz im Leben’ hat (bei einer in Vorbereitung befindlichen ausftihrlichen Darstellung der ‘Munsterschen Texttheorie’ wird eingehend dartiber ge- sprochen werden). Das, was sein Specificurn ausmacht, die Zusatze, Streichungen und Textanderungen, sollte den Ma&tab

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fur ihn abgeben und die Beurteilungsgrundlage ausmachen.

Nur Handschriften, welche diese Specifica aufweisen, konnen zum D-Text gerechnet werden - erst wenn diese eigentlich selbstversttindlichen MaBstabe und Gesichtspunkte voll beruck- sichtigt werden, werden wir aus dem geradezu babylonischen Sprachen- und Gedankenwirrwarr der Diskussion tiber den

‘westlichen’ Text herauskommen.

Der Friihtext gliedert sich nach dem Befund in den ‘groRen Papyri (urn sie zu wiederholen : ~45, ~46, ~47, ~66, pT2, ~75) in einen ‘freien Text’, einen ‘Normaltext’ und einen ‘festen Text’.

Alle entwickeln sich ohne zentrale Aufsicht oder Lenkung. Auch der ‘Normaltext’, ja selbst der ‘feste Text’ andert, fiigt hinzu oder la& weg, aber der ‘feste Text’ tut das nur sehr begrenzt, selbst der ‘Normaltext halt sich in den Grenzen, die wir such bei der spateren neutestamentlichen Uberlieferung beobachten : ParalleleneinfluB, Verdeutlichung, stilistische Anderung usw.

Der ‘freie Text’ verfahrt an sich nach denselben Prinzipien - so dal3 die Grenzen fliel3end sein k&men - aber er laint ihnen weiten Raum, verstandlich genug in einer Zeit, in welcher die neutestamentlichen Schriften erst beginnen, kanonische Auto- ritat zu gewinnen und vollig verstandlich in der fruhesten Zeit, in denen der Christ sich als Geisttrager dem in diesen Schriften Mitgeteilten gleichgestellt und gleichberechtigt weif und dement- sprechend frei damit schaltet (vgl. die Zitate aus dem NT im friihchristlichen Schrifttum vor Irenaus). Selbst als urn 200 das Vierevangeliencorpus und das paulinische Corpus allgemein in der Kirche anerkannt sind, bezieht sich diese Anerkennung nur auf die Corpora als solche und nicht auf jede Einzelheit des Textes. Und selbst als die Kanonizitat der 27 Schriften des NT vom 4. Jahrhundert ab kirchlich fixiert wird, bleibt der Text des NT immer noch ein ‘lebender Text’. Bis in die spatestcn Zeiten hinein haben sich die Schreiber zu Anderungen frei gcfiihlt und ihre Vorlage niemals so sklavisch genau kopiert, wie das in der orientalischen Uberlieferung Gesetz war - sei es beim hebraischen Alten Testament oder beim arabischen Koran.

Wenn nun nachstehend die Varianten der fruhen Papyri und Majuskeln vom ‘Standard-Text’ verzeichnet werden, so geschieht das mit der bereits genannten doppelten Abzweckung : einer Kontrolle des ‘Standard-Textes’ auf sein Verhaltnis zum Text der Friihzeit und ob Anderungen daran nach dem Befund

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dort erforderlich sind sowie einer Untersuchung des Textes der Frtihzeit darauf, ob er sich in die genannten Kategorien einftigt und ob bzw. wieweit diese Kategorien erweitert oder verandert werden mussen. Dabei wird, wie ebenfalls bereits bemerkt, von den ‘kleinen’ Papyri ausgegangen. GewiB handelt es sich bei ihnen wie den zusatzlich heranzuziehenden Majuskeln urn Fragmente. Aber diese Papyri und Majuskeln haben ur- sprtinglich mindestens den Text der ganzen neutestamentlichen Schrift enthalten, von der sie heute nur noch Teile bieten. Urn ihren Textcharakter festzustellen, reichen such Proben aus - das ist wie bei dem bertihmten Eimer mit Marmelade, den man nicht ganz aufessen muB, urn den Charakter der Marmelade zu bestimmen, e i n i g e Liiffel d a v o n reichen daftir vollstandig.

Nattirlich ist es moglich, da8 ein Fragment ausgerechnet einen Textabschnitt enthalt, in dem alle Zeugen miteinander iiber- einstimmen, dann fallt es fur unsere Untersuchung aus. Die wenigstens vorlaufige Feststellung, ob und wieviel Varianten in diesem Abschnitt sonst iiberliefert sind, ermijglicht ein Seiten- blick in die Ausgabe von Sodens, welche von allen Ausgaben das umfanglichste Variantenmaterial bietet (bis zu einem gewissen Grade such in den neuen Nestle), diese Zahlen werden deshalb jedes Ma1 zur Kontrolle angegeben. Die Anordnung erfolgt nach den Schriften des NT und hier so, dal3 zwar die chrono- logische Anordnung dominiert, gleichzeitig aber nach Miiglich- keit die inhaltliche Reihenfolge beachtet wird.

Aus diesem Grunde werden such Papyri und Majuskeln in- einander geordnet : die tibliche Trennung beider ist ebenso- wenig sinnvoll zu begrtinden wie die iibliche Anordnung in der (doch rein zufalligen) Reihenfolge der Papyrus-Nummern. Die Individualitat der insgesamt 38 Papyri und Majuskeln bleibt such beim gewahlten System erhalten. Wenn im nachstehenden Text nur 27 von ihnen behandelt werden und die Unter- suchung beim Philipperbrief abbricht, so hat das den rein auBeren Grund der radikalen Umfangsbeschrankung fur die Beitrage zu dieser Festschrift durch den Verlag. Es fehlen noch fur den I Thess p65 (III) mit I : 3-2 : I, 6-13 und ~30 (III) mit 4: 12-13, 16-17; 5: 3, 8-10, 12-18, 25-28, fur den 2 Thess der Rest von ~30 mit I : 1-2, fiir Titus ~32 (urn 200) mit I : I 1-15;

2 : 3-8, fur Philemon p8’ (III) mit 13-15, 24-25, fiir Hebr p12 (III) mit I : I und p13 (III/IV) mit 2 : 14-5 : 5 ; IO : 8-22,29-I I :

i,

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13; II : 28-12: 17, fur Jak p23 (III) mit I : 10-12, 15-18 und ~20 (III) mit 2 : 19-3 : g, fur I Joh pg (III/IV) mit 4: I 1-12, 14-17, fur Jud p7* (III/IV) mit 4-5, 7-8 und fur die Apokalypse pr*

(III/IV) mit 1 : 4-7. Aber such so ist der vorgeschriebene Umfang bereits iiberschritten, obwohl der ursprtingliche Plan, jeder Variante einen ausfuhrlichen Apparat aus den wichtigsten Handschriften mitzugeben, von vornherein aufgegeben und die Einleitung auf ein Minimum gekiirzt worden ist.

Immerhin bedeutet die Weglassung der friihen Papyri fur

I Thess - Apok keine grundsatzliche Einbul3e. Denn das Ge- samtbild wird dadurch nicht geandert. Und vielleicht hat die Konfrontierung mit der ‘Mtinsterschen Texttheorie’ ohne vie1 erklarende Zusatze, wie sie jetzt in der Einleitung erfolgt, such ihren Vorteil. AnschlieBend an die Materialdarbietung wird noch einmal kurz davon zu reden sein.

Matthb’usevangelium

p64/67 (urn 200) : Matt 3 : g, 15 ; 5 : 20-22, 25-28 ; 26 : 7-8, I O, 14-15, 22-23, 31-33

1 g Verse, 62 Zeilen (zweispaltig), 2 Varianten : Auslassung v o n a&+ nach &L~V~~OUL in 5: 28, av]?~~ ~[TT&] in 26: 2 2 (Variantenzahl bei Nestle-Aland26 15, bei v. Soden 52) : fester Text.

p7’ (II/III) : Matt 23 : 30-38 (39)

g (I o) Verse, 23 (27) Zeilen, 2 Varianten, davon I Singu- larlesart: KOWWVO~ C&&V in 23 : 30, ~~&bjKU in 23 : 37, d a z u Schreibvariante t;pv~f in 23 : 37 (Variantenzahl bei Nestle- Aland 6, bei v. Soden 38) : mit nachlassigem S c h r e i b e r , mindestens Normaltext.

pl (III), Matt I : r-g, 12, 14-20

I 7 Verse, 47 (50) Zeilen, 2 Singularlesarten (abgesehen von den Varianten der Namen) : Auslassung von TOG vor 01Jplov in

I : 6 und al vor y~~al in I : I 7 (Varianten bei Nestle-Aland26

14,

bei v. Soden 54) : fester Text.

p70 (III), Matt 2: 13-16, 22-3: I; I I: 26-27; 12: 4-5; 24: 3-6,

12-15

19 Verse, 47 Zeilen, 7 Varianten, davon 3 Singularlesarten :

VU&X]~U in 2: 23, YW&KEL in I I : 2 7, E]&~KV in 12: 4, cv (?) TW

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~~u/~/~]uTQJ in 12: 5, EU ~[w 0voj.m~~ in 24: 5, 76 &.qqAov TOGTO (2. Hand, I. Hand la& 70&o aus) und ELS oAq]y gv o~oy[pevqv in 24 :

14.

(Variantenzahl bei Nestle-Aland g, bei v. Soden 58) : etwas fltichtig geschriebener fester Text.

q5Q (III) Matt 26 : 29-40 (+Acta g, s. dort)

12 Verse, 3g Zeilen, 5 Varianten, davon I Singularlesart : +J & aoL' in 26 : 33, chpvjaa in 26 : 34,03 C?.V in 26 : 36, TT~OCIEA- 8&v und &TEP (I. Hand, wahrend die 2. Hand pou hinzufiigt) in 26 : 39 (Variantenzahl bei Nestle-Aland26 rg, bei v. Soden 50) : mindestens Normaltext.

02 12 (III) Matt 27 : 56-57 und Parallelen

‘Da es sich hier urn Diatessarontext handelt, ist eine ver- gleichende Betrachtung der Textvarianten nicht mijglich ; selbst da, wo einwandfrei festzustellen ist, welche Stelle eines der Evangelien zugrundegelegt worden ist, sind die Texte bearbeitet.

$5 (III?, IV?) Matt 25: 12-15, 20-23

8 Verse, 20 Zeilen, I unsichere Variante, da es sich urn die Frage der Rekonstruktion einer Liicke handelt ; ob pQ5 np~u~AlGv

KUi oder ~p~mh&b 82 Kd hat, ist nicht sicher zu sagen, nach der Buchstabenzahl ist die Auslassung von 6C wahrscheinlicher (Variantenzahl bei Nestle-Aland 7, bei v. Soden 32) : fester Text.

pQ7 (III/IV) Matt 26: 19-52

34 Verse, 65 Zeilen, 27 Varianten, davon IO Singularlesarten : A&W +A (ohne &L) in 26 : 21, E?.. (?) EKUCT]TOS UUTWV in 26 : 22, T+ ~&pa PET' &00 in 26 : 23, +ojO~ (I. Hand, von der zweiten in +$3~ verbessert) in 26 : 24, E)K&bEV (I. Hand, von der zweiten Hand in <K&WV verbessert) in 26 : 26, Xc$?~v T[O rorr)prov in 26 : 27, ZK TO~TOU y~vv~,!.mTos (I. Hand, die zweite fiigte 706 hinzu) und &c, in 26 : 29, EV E~OL EV TUUT~) ~[q VUKTL] TUVT~) und

8LU~KOp+d?r)~~TUL in 26 : 31, E&W l t in 26 : 33, Kd d ‘I~oo&

und ~016~3 ~fi VVKT~ und uh~~~opo~[wvcus in 26: 34, pdvuTc 62

38~ und +pr]yop&~ in 26: 38 (vgl. 26: 40 und 41), kymw[T~s

(?) ~L]UV und +p~y~p+m in 26 : 40, +P~YOPE~TE und &@TE in 26 : 41, Auslassung von &&W&v und von LOU in 26 : 42, Auslas- sung von m&b und ZK rpiTou in 26 : 44, & in 26 : 48, T& 'Ivaov^

dmv U6TqJ in 26 : 49-50, Auslassung von T&J in 26 : 5 I (Varian-

Der neue ‘Standard- Text’ 267

t e n a n g a b e bei Nestle-Aland26 54, bei v. Soden 169) : freier Text (nicht zufallig geht p45 in einer Reihe von Fallen mit ~37

zusammen) .

Lukaseuangelium

p4 (III) Luk I : 58-60, 62-2 : I, 6-7; 3 : 8-4: 2, 29-32, 34-35;

5: 3-8, 30-6: 16

g6 Verse, 480 Zeilen (zweispaltig), 26 Varianten (von einigen differierenden Namensschreibungen in 3 : 23 ff abgesehen), davon 8 Singularlesarten : 37 [vat@~ oder q [vo&$ und n~p~~pq [.LU

TO CJTO]~U UVTOV [KU& 7 yAcm]~u UVTOV in I : 64, KU: &&L?To in

I: 6 5 , &WT&J in I: 66, Auslassung von KdplOS in I : 68, 706

Kvpiov in I: 7 6 , E~T$[c~KE#UTO in 1 : 78, Auslassung von KC&V

in 3: 9, flGnTLd7[VUb] T~)/TU in 3: 21, ZWU~UTL(K@?) E&L in 3:

2%

4bYb” 61 f

~&[CKLS] $&$T!c$~ $K [TOV 7ThOLOV in 5, 3, XU~]$UCLL

in 5 : 4; ‘1700% ohne Artikel und rp]?[s] UVTOV in 5 : 3 I, p'+mm

(statt ,%j&~) in 5 : 37, Auslassung von Kui in 5 : 39, 'I~OOU~S ohne Artikel und Auslassung von GTES in 6 : 3, Auslassung von

& in 6 : 4, Zufugung von Kui vor TOUA au/3/3chou in 6 : 5, E)v T@

;TCpy und SE&& UZ?TO~^ in 6 : 6, &pan&r~ in 6 : 7, 'I~OOIYS ohne Artikel in 6 : g, 2AciXovv in 6 : I I, qb~[v~~w in der 2. Hand in 6 : 13 (die erste liest ~poaa&bqaw). Dazu kommen in 3, 23-29 einige Varianten bei Namensformen, aber lediglich ortho- graphischen Charakters (Variantenzahl bei Nestle-Aland I 43, bei v. Soden 578) : Normaltext.

p6Q (III) Luk 22: 41,45-48,58-61

g Verse, 28 Zeilen, I 3 Varianten (davon g Singularlesarten), wobei in einer Reihe von Fallen nicht sicher zu entscheiden ist, was p6Q ursprunglich tatsachlich gelesen hat, da die Rekon- struktion mit verschiedenen Unsicherheitsfaktoren belastet ist : offensichtlich hat p6Q nach npoar]&x~~o von 22 : 41 eine Aus- lassung, die groBer gewesen ist als die vielfach bezeugte von 43-44 (schon in p’s), offensichtlich hat such 22 : 42 gefehlt;

wie der AnschluB von 45b zu konstruieren ist, ist nicht sicher ; EUPEV U~TOUS KU@$OVTUS K(>L[pOpEvOVS in 22: 45; such in 22 : 46 weicht pQQ von allen anderen Texten ab, moglicherweise hat er gelesen EL~TEV UUTOLS (0) F] 7~ ~&~v&[TE; [en 8~ (?)]-. und

KUL Eyy~mS +h?jOE]Y ?Ov Lr)v in 22: 4.7, Q!.'[T](,r, $[L~w KU& OU

und d 62 dmv am Schluf3 in 22 : 58, OQ[EL wpus UXAOS LCTXU]~L&TO

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